Der ideale Zeit­punkt für den Energie­anbieter­wechsel: Was Unternehmen beachten sollten

Philip Gutschke · zuletzt aktualisiert: 10. Oktober 2024

Regelmäßig erscheinen Berichte in den Medien, die behaupten, das vierte Quartal sei der beste Zeitpunkt, um den Strom- oder Gasvertrag zu wechseln. Tatsächlich gibt es jedoch viele Faktoren, die Unternehmen bei dieser Entscheidung berücksichtigen sollten. Denn das vierte Quartal ist nicht automatisch der beste Zeitpunkt.

Kurz und knapp

In sechs der vergangenen acht Jahre lagen die durchschnittlichen Preise im vierten Quartal zum Teil deutlich über dem Jahresdurchschnitt.

Häufig ist das erste Halbjahr für viele Unternehmen ein vorteilhafterer Zeitpunkt zum Wechseln. Eine langfristige, vorausschauende Planung ist deshalb notwendig.

Eine fundierte Marktbeobachtung ist entscheidend, um den idealen Wechselzeitpunkt zu finden – und hier kann eine Einkaufsgemeinschaft einen großen Unterschied machen.

Die Preisentwicklung in den letzten Jahren

Der Vergleich der Quartalsdurchschnittspreise der Frontjahre mit dem Jahresdurchschnitt des jeweiligen Jahres zeigt deutlich: In 6 der letzten 8 Jahre lagen die Preise im vierten Quartal zum Teil deutlich über dem Jahresdurchschnitt. Die Frontjahre beziehen sich auf die Preise für Energielieferungen im Folgejahr, die im aktuellen Jahr gehandelt werden.

Diese Entwicklung lässt sich durch verschiedene Faktoren erklären. Zum Ende des Jahres ist die Energiemarktlage häufig durch eine erhöhte Nachfrage und einen erhöhten Abschlussdruck seitens der Verbraucher geprägt. Gleichzeitig sinken die Kapazitäten der Energieversorger, insbesondere bei erneuerbaren Energien, die im 4. Quartal aufgrund jahreszeitlicher Bedingungen weniger Strom liefern. Die geringere Verfügbarkeit erneuerbarer Energien führt zu einer stärkeren Nachfrage nach fossilen Brennstoffen, was die Preise weiter nach oben treibt.

Das Jahr 2022, das von der Ukraine-Krise geprägt war, stellt dabei eine Ausnahme dar. Die außergewöhnlichen geopolitischen und energiewirtschaftlichen Entwicklungen haben in diesem Jahr zu besonders starken Preisausschlägen geführt, die nicht repräsentativ für die allgemeinen Markttrends sind.

Quartalsweise Abweichung vom Jahresdurchschnitt der Frontjahre

Wann ist der ideale Zeitpunkt für einen Wechsel?

Während viele Medien pauschal empfehlen, den Energieanbieter am Jahresende zu wechseln, sehen wir oft, dass das erste Halbjahr für viele Unternehmen vorteilhafter ist. Nach dem Winter, wenn die Heizsaison endet, sinken die Energiepreise an der Börse in der Regel. Die Nachfrage nach Energie – insbesondere nach Gas – ist im Winter hoch, was zu Preisanstiegen führt. Wenn die Nachfrage nachlässt, stabilisieren sich die Preise und können im ersten oder zweiten Quartal besonders attraktiv sein. Unternehmen, die den Zeitpunkt für einen Wechsel sorgfältig planen, können hier erhebliche Kosteneinsparungen erzielen.

Der richtige Zeitpunkt ist entscheidend: Wer die Marktmechanismen versteht, kann den Wechsel so timen, dass er von günstigeren Konditionen profitiert.

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Warum sich ein Wechsel für Unternehmen lohnt und worauf dabei zu achten ist, zeigen wir in unserem Artikel zum Stromanbieter wechseln auf.


Der Einfluss des Zeitpunkts beim Energieeinkauf

Der Energiemarkt ist stark volatil. Preise ändern sich ständig aufgrund von Angebot und Nachfrage, politischen Entwicklungen und saisonalen Einflüssen. Im Winter, wenn die Nachfrage hoch ist, steigen die Preise häufig. Doch wer langfristig plant, kann im Frühling von sinkenden Preisen profitieren. Auch die Verfügbarkeit von erneuerbaren Energien spielt eine Rolle: Zu bestimmten Zeiten des Jahres sind diese Energien günstiger. Es ist daher wichtig, nicht nur kurzfristige Trends zu verfolgen, sondern auch die langfristige Preisentwicklung zu beobachten.

Es kann oft sinnvoll sein, einen Energieliefervertrag 1 bis 2 Jahre im Voraus abzuschließen. Dadurch erreichen Unternehmen eine bessere Budget- und Planungssicherheit, besonders in geopolitisch unruhigen Zeiten. Diese Strategie hat vielen unserer Mitglieder geholfen, die Ukraine-Krise mit teils sehr günstigen Preisen zu überstehen. Verträge, die zum richtigen Zeitpunkt mit der optimalen Laufzeit abgeschlossen werden, bieten Sicherheit und schützen vor plötzlichen Preissprüngen.

Die Bedeutung einer kontinuierlichen Marktbeobachtung

Für viele Unternehmen ist es jedoch schwierig, den Energiemarkt selbstständig zu beobachten und die komplexen Entwicklungen einzuschätzen. Besonders für mittelständische Unternehmen ist es sinnvoll, sich einer Einkaufsgemeinschaft anzuschließen. In unserem Unternehmen übernehmen wir für unsere Kunden die Marktbeobachtung. Das bedeutet, dass wir den idealen Zeitpunkt für den Energieeinkauf identifizieren und sicherstellen, dass unsere Kunden keine Möglichkeit verpassen, günstige Preise zu nutzen.

Ein zusätzlicher Vorteil der Einkaufsgemeinschaft ist die Bündelung der Nachfrage. Durch die Mengenbündelung haben wir eine stärkere Position gegenüber den Energieanbietern, was es uns ermöglicht, bessere Konditionen zu verhandeln, als es einem Einzelunternehmen möglich wäre.

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Warum das 4. Quartal manchmal doch sinnvoll ist

Auch wenn der richtige Zeitpunkt entscheidend ist, gibt es Situationen, in denen ein Abschluss im vierten Quartal unumgänglich ist. Besonders dann, wenn kurzfristige Lieferverbindlichkeiten bestehen – etwa wenn ein Energieliefervertrag ausläuft und das Unternehmen dringend Energie benötigt. In solchen Fällen ist es wichtig, im vierten Quartal einen neuen Vertrag abzuschließen, um die Liefersicherheit von Strom und Gas zu gewährleisten. Hier stellt sich also weniger die Frage, wann man wechseln kann, sondern wann man wechseln muss.

Um solche Situationen zu vermeiden, raten wir dazu, frühzeitig mit der Marktbeobachtung zu beginnen – idealerweise Jahre vor dem Auslaufen des bestehenden Vertrages. Je länger die Restlaufzeit eines Vertrags ist, desto länger können wir den Markt beobachten und auf günstige Preisentwicklungen reagieren. Dadurch ergeben sich mehr Chancen auf attraktive Konditionen. Der frühzeitige Beitritt zu einer Einkaufsgemeinschaft bietet daher enorme Vorteile.

Fazit: Der richtige Zeitpunkt ist das A und O

Für Unternehmen, die ihre Energiekosten optimieren möchten, ist es unerlässlich, den Markt kontinuierlich im Auge zu behalten. Der Abschluss eines neuen Energievertrags sollte gut geplant sein, um den idealen Zeitpunkt zu nutzen. Das vierte Quartal mag oft als der beste Zeitpunkt für einen Wechsel dargestellt werden, aber die realen Chancen auf günstigere Preise sind häufig im ersten oder zweiten Quartal größer.

Indem Unternehmen sich einer Einkaufsgemeinschaft anschließen, können sie sicherstellen, dass sie den Markt nicht selbst überwachen müssen und den perfekten Zeitpunkt für den Wechsel nicht verpassen. Je früher ein Unternehmen der Gemeinschaft beitritt, desto mehr Zeit bleibt, um den Markt zu beobachten und die besten Preise zu erzielen.

Über Philip Gutschke

Philip verantwortet als Bereichsleiter Energiebeschaffung die strategischen und operativen Einkaufsprozesse für die Mitglieder der Einkaufsgemeinschaft und vertritt deren Interessen beim BDEW (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft).

Er beschäftigt sich leidenschaftlich mit den aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen im Energiemarkt. In seiner Freizeit findet man ihn am, im oder auf dem Wasser.

Philip Gutschke, Bereichsleiter Energieeinkauf bei wattline