Wie Sie garan­tiert NICHT den besten Preis bekom­men

Energiemarktexperte Philip Gutschke verrät Ihnen 12 erprobte Strategien, wie Ihr Unternehmen garantiert nicht den besten Preis für Strom und Gas erhalten wird.

Philip Gutschke, Bereichsleiter Energiebeschaffung bei wattline

1. Unternehmen Sie gar nichts

Die erfolgsversprechendste Strategie. Ihr Energieversorger freut sich über Ihr Unternehmen als langjährigen, treuen Schläferkunden. Diese sind den Versorgern nämlich am liebsten, weil Sie mit diesen über viele Jahre eine sehr profitable Marge verdienen können und sich nicht mit Preisangeboten und Wettbewerb herumschlagen müssen.

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2. Bleiben Sie Ihrem örtlichen Stadtwerk treu

Kaufen Sie Ihre Energie lokal ein. Denn einige Stadtwerke und kommunale Versorger sind mit großen Herausforderungen konfrontiert: Umstellung auf eine grüne Energieversorgung, Aufbau einer Infrastruktur für E-Mobilität, Unterhalt der bestehenden Infrastruktur für Energie, Wasser, Verkehr und vieles mehr.

Mir Ihren hohen Energienpreisen helfen Sie den betroffenen Stadtwerken bei der Querfinanzierung solcher Vorhaben, wie manche offen eingestehen:

Die profitablen Sparten werden nicht mehr dauerhaft die Defizite aus der kommunalen Daseinsvorsorge tragen können, weil uns hier die Kosten davonlaufen. (Stadtwerke Bamberg)

Quelle: Stadtwerkstudie 2023, BDEW

 

3. Halten Sie dem großen Energieerzeuger die Stange

Auch die großen Energieerzeuger stehen enorm unter Druck und haben mit stark gestiegenen Risiken und Kosten zu kämpfen: Energiewende, Ausstieg aus der Kohleverstromung, Rückbau von Atomkraftwerken. Diese riesigen und sehr kostenintensiven Projekte müssen auch irgendwie bezahlt werden.

Sie als kleines oder mittleres Unternehmen leisten da mit Ihrem Energiepreis einen wichtigen Beitrag dazu. Und vergessen Sie nicht: auch die Aktionäre der Großen haben Anrecht auf ihren Anteil!

 

4. Vertrauen Sie auf Gegengeschäfte mit Ihrem Versorger

Unsere vierte Strategie, wie Sie garan­tiert NICHT den besten Preis bekom­men. Langjährige Partnerschaft ist ein Erfolgsmodell. Verstricken Sie sich also möglichst eng über Gegengeschäfte mit Ihrem Versorger, damit sie aneinander gebunden sind und auch in unsicheren Zeiten zusammenhalten. Das sorgt dafür, dass man bei den Preisen auch mal fünf gerade sein und den Preiswettbewerb nicht spielen lässt.

Das freut Sie, wenn Sie Ihrem Versorger Produkte oder Dienstleistungen verkaufen. Und Ihr Versorger ist Ihnen noch viel dankbarer dafür, denn verhältnismäßig sind Sie für ihn ein viel kleinerer Fisch, wie er für Sie wahrscheinlich ist.

5. Meiden Sie den Wettbewerb

Als Unternehmer wissen Sie, dass Sie die Preise für Ihre Produkte oder Dienstleistungen möglichst hoch halten sollten. Genau so verhält es sich mit Ihrem derzeitigen Energieversorger: Sein Interesse besteht darin, seine Energie zu einem möglichst hohen Preis zu verkaufen. Vermiesen Sie ihm also nicht das Geschäft, indem Sie ihn mit anderen Energieversorgern in den Wettbewerb um einen günstigeren Preis stellen!

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Wie eine Energie-Einkaufsgemeinschaft Ihrem Unternehmen zu dauerhaft besseren Energiepreisen verhilft.

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6. Unterschreiben und vergessen

Sie haben Ihre Strom- oder Gasverträge gerade erst wieder frisch verlängert? Oder sind Sie noch bis Ende nächstes Jahr gut versorgt? Perfekt! Dann legen Sie das Thema Energiebeschaffung nun zu den Akten und widmen Sie sich wieder Ihren eigentlichen Kernaufgaben im Unternehmen.

Ihr Versorger wird Sie kurz vor Auslaufen der Verträge wieder daran erinnern und einen Nachfolgevertrag anbieten. Der ist Ihnen dankbar dafür, dass Sie kurz vor dem Ende der alten Verträge in Zugzwang sind, neue Energielieferverträge zu unterzeichnen. Denn so wird Ihnen meist dann ein Verlängerungsangebot unterbreitet, wenn der Versorger an Ihnen möglichst viel verdienen kann und nicht, wenn Sie gute Energiepreise erhalten könnten.

 

7. Kapitulieren Sie

Ihre Energiekosten sind zwar hoch, aber nicht der größte Ausgabeposten im Unternehmen. Sie sind ein zu kleiner Fisch, als dass Sie wirklich ernsthaft mit Ihrem Versorger über bessere Preise verhandeln könnten. Hätten Sie einen höheren Energieverbrauch, könnten Sie günstigere Preise aushandeln – wie ein Mengenrabatt am Großmarkt. Aber leider können Sie Ihren Energieverbrauch nicht ohne Weiteres vergrößern. Schlucken Sie deshalb Ihren Ärger darüber herunter und konzentrieren Sie sich wieder auf ihr Kerngeschäft.

 

8. Blicken Sie nicht in die Glaskugel

Sätze wie "Ich habe noch 2 Jahre einen Stromvertrag und wir wissen alle nicht, wie die Preise in 3 Jahren sind" oder "wir haben bereits einen Vertrag und wollen nicht doppelt einkaufen" könnten von Ihnen stammen? Wunderbar, mit gefährlichem Halbwissen vom Hörensagen sind sie gut aufgestellt für hohe Energiepreise.

Vermeiden Sie den Kontakt zu Energiemarktanalysten, die – Börsenanalysten und Finanzexperten ganz ähnlich – fundierte Prognosen über die Marktentwicklung anstellen und so den idealen Beschaffungszeitpunkt für Sie identifizieren könnten. So vermeiden Sie Marktchancen am Energiemarkt, um Nachfolgeverträge teils mehrere Jahre im Voraus zu einer Tiefpreisphase festzulegen.

9. Fallen Sie auf Lockangebote herein

Vermeiden Sie das Lesen des Kleingedruckten und wählen Sie ausschliesslich den billigsten Anbieter mit speziellem Neukundenbonus aus. Das ist ein einfacher Weg für versteckte Preiserhöhungen, ungerechtfertigte Abschlagserhöhungen und Ausbleiben der versprochenen Neukundenboni. Auch eine schlechte Bonität des Versorgers oder sogar dessen Insolvenz führt in die meist teure Ersatz- oder Grundversorgung.

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10. Der Spotmarkt ist das Allheilmittel

Seien Sie mutig und verzichten Sie für Ihr Unternehmen auf bessere Planbarkeit, Preissicherheit und wählen Sie ohne weitere Abwägung Spotmarkttarife. Die stärkere Marktteilnahme durch die Übernahme des Marktrisikos schlägt bei unvorhergesehenen Preisexplosionen zu und lässt Ihre Energiepreise schlagartig ansteigen. Gerade in unruhigen Zeiten mit unvorhersehbaren geopolitischen Ereignissen ist das etwas für die Extremsportler unter den Unternehmern. Das Schöne daran: Es ist nicht planbar und Sie verlieren ihre Budgetsicherheit bei den Energiekosten.

 

11. Reduzieren Sie den wirtschaftlichen Nutzen Ihrer Photovoltaikanlage

Sofern Sie nicht vollständig und ganzjährig autark sind, müssen Sie eine Restmenge an Strom beschaffen. Ihre PV-Anlage ändert zwar nichts an Ihrem Strompreis für den Bezugsstrom, aber senkt die bezogene Menge deutlich ab. Dem können Sie entgegenwirken, indem Sie diese Restmenge möglichst teuer einkaufen.

12. Nehmen Sie sich keine Zeit dafür

Sie haben doch bestimmt Wichtigeres zu tun! Der sicherste Weg, wie Sie garantiert nicht den besten Preis bekommen: Nehmen Sie sich keinesfalls Zeit dafür, Ihre Energiebeschaffung in kompetente Hände zu übergeben. Nicht mal ein einziges Mal, wo Sie diese lästige Tätigkeit für immer an Experten abgeben und danach dauerhaft Zeit, Geld und Nerven sparen könnten.

 

Fazit

Die Strategien können nahezu beliebig kombiniert werden und der tatsächliche Effekt hängt von Ihrer jeweiligen Situation ab. Testen Sie verschiedene Strategien aus und wählen Sie diejenigen aus, mit denen Sie sich am wohlsten fühlen. So sind Sie und ihr Unternehmen bestens darauf vorbereitet, dass Sie für Ihr Unternehmen garantiert und nachhaltig nicht den besten Energiepreis erhalten.

Das waren die 12 ernsten, aber nicht ganz ernst gemeinten Tipps vom Profi, wie Sie für Ihr Unternehmen garantiert nicht den besten Preis bekommen (Satire).

Über Philip Gutschke

Philip verantwortet als Bereichsleiter Energiebeschaffung die strategischen und operativen Einkaufsprozesse für die Mitglieder der Einkaufsgemeinschaft und vertritt deren Interessen beim BDEW (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft).

Er beschäftigt sich leidenschaftlich mit den aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen im Energiemarkt. In seiner Freizeit findet man ihn am, im oder auf dem Wasser.

Philip Gutschke, Bereichsleiter Energieeinkauf bei wattline